#72 Matratzen Concord - Dauer-Schlussverkauf, 300%-Marge und ein Kartell
Shownotes
Matratzen Concord prägte jahrzehntelang das Stadtbild Deutschlands. Mit einer Dichte von Filialen, die zeitweise die von Burger King übertraf, setzte die Kette auf eine aggressive Discount-Strategie, deren Fundament auf der Intransparenz des Matratzenmarktes basierte. Was Ende der 80er Jahre als geniale Discount-Idee in Köln begann, entwickelte sich zu einem hochprofitablen Imperium, das von exorbitanten Margen lebte und indirekt von einem vertikalen Kartell der Hersteller geschützt wurde.
In dieser Folge schauen wir hinter die schrillen Rabattschilder und machen eine spannende Reise, die zeigt, wie Transparenz einen ganzen Markt in die Knie zwingen kann.
Matratzen Concord: Dauer-Schlussverkauf, 300%-Marge und ein Kartell ist Folge 72 von Unternehmen dieser Welt.
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Weiterführende Links zur Folge:
Das große Geschäft mit den Matratzen von der Capital: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/matratzenmarkt
Umsatzzahlen der deutschen Matratzen Concord GmbH: https://www.northdata.de/Matratzen%20Concord%20GmbH,%20K%C3%B6ln/HRB%2035475
Magical Honour kauft Matratzen Concord: https://www.moebelmarkt.de/beitrag/matratzen-concord-hat-neuen-eigentuemer
Transkript anzeigen
00:00:07: Den Staat.
00:00:07: dieser Folge machen wir heute mit deinem Gedankenspiel.
00:00:11: Wie oft im Leben kauft ihr eine neue Matratze?
00:00:14: Ich würde sagen, die meisten von uns tun das vielleicht drei, viermal im Leben.
00:00:18: Und trotz dieser geringen Kaufhäufigkeit gibt es eine Firma, die der Stadtbild Deutschlands jahrzehntelang dominiert hat, ohne dass jemand wirklich darüber gesprochen hat.
00:00:28: Matratzenkonkord.
00:00:30: Diese Läden, die man sofort vor Augen hat.
00:00:33: Meist an Straßenecken, an vielbefahrenen Kreuzungen, und die Schaufenster bedeckt mit schillen rot-gelben Bannern, die minus siebzig Prozent oder lager Schlussverkauf versprechen.
00:00:45: Das Erstaunliche daran, bis vor Kurzem gab es in Deutschland mehr Matratzen-Konkord-Fialen als Burger King Restaurants.
00:00:53: Wie kann das sein?
00:00:54: Wer kauft diese Matratzen und warum müssen sie immer Schlussverkauf haben?
00:00:59: Diese Fragen führten bereits in den frühen Zwei Tausenden an diversen Online-Forenen zu Spekulationen.
00:01:05: Die Gede war von einer Matratzenverschwörung.
00:01:08: Von Kartellen und sogar von Geldwäsche.
00:01:12: Das ist mir persönlich zu viel Spekulation.
00:01:14: Und deswegen schauen wir heute hinter die Kulissen von Matratzen Concorde und damit viel Spaß bei Folge seventy-two von Unternehmen dieser Welt.
00:01:23: Matratzen Concorde.
00:01:24: Dauerschlussverkauf, drehundert Prozent Marge und ein Kartell.
00:01:32: Die Geschichte von Matratzen Concorde beginnt in Köln Ende der achtziger Jahre.
00:01:36: Hier hat Klaus Hartmann, ein lokaler Möbelunternehmer, eine revolutionäre Idee.
00:01:42: Hartmann erkennt, dass die Produktgruppe Matratzen und Lattenrahmen im klassischen Möbelhandel extrem hohe Margen erzielen.
00:01:49: Daraufhin beschließt er, diese lokative Sparte aus dem komplexen Möbelhausgeschäft herauszulösen und in einem reinen Discountkonzept zu vertreiben.
00:01:58: Die Idee ist simpel und gradikal.
00:02:00: Und so gründet er die ersten Matratzenmarkkonkord Abholmärkte, in denen die Ware direkt von der Rampe verkauft wird.
00:02:07: Dieses Konzept der Matratzen-Mitnahme-Märkte ist zu dieser Zeit in Deutschland völlig unbekannt.
00:02:14: Und so sind die ersten dieser Märkte klein, oft unter ein oder Quadratmeter Verkaufsfläche und die Einrichtung ist spartanisch.
00:02:22: Getreu dem Motto des Grunders, so sparsam und einfach wie möglich, wird also kaum in Ladeneinrichtung investiert.
00:02:29: Selten gibt es die Möglichkeit zum Probeliegen, und die Filialen sind meist nur mit einem Mitarbeiter besetzt, der mehr als Bewacher der Ware, denn als echter Verkäufer fungiert.
00:02:39: Aber eben diese gradikale Senkung aller unnötigen Kosten, sei es beim Personal, der Ladenfläche oder der Einrichtung, ermöglicht es Hartmann, die durch die industrief geilgegebenen Margen voll auszuschöpfen.
00:02:52: Die einzigen Ausgaben, die Hartmann bereit ist zu tätigen, sind Investitionen in die Beleuchtung der Schaufenste und in eine auffällige Außenwerbeanlage.
00:03:01: Da frühzeitig den hohen Werbeeffekt der physischen Präsenz erkennt.
00:03:06: Und eben dieses Konzept etabliert Matratzenkonkord als Marktführer, der für scheinbar unschlagbare Discountpreise Matratzen anbietet, was in diesem stark intransparenten Markt hervorragend funktioniert.
00:03:18: Hartmann gelingt es so, die Kette bis nineteenhundertseinundneinzig auf über zweieinhalb Jahren auszubauen, bevor das Unternehmen an die niederländische Aktien-Gesellschaft BetterBadHoling verkauft.
00:03:38: Mit dem Einstieg der Betabad Holding, die seit nineteenundundzeixundneinzig an der Amsterdamer Börse gehandelt wurde, beginnt eine Phase der aggressiven Expansion.
00:03:47: Denn Betabad nutzten Matratzenkonkord als wichtiges Vehikel, um im Dachraum Fuß zu fassen.
00:03:53: In den folgenden zehn Jahren nutzten Matratzenkonkord somit die größeren finanziellen Möglichkeiten der Muttergesellschaft, um das Vialnetz massiv zu erweitern.
00:04:02: Allein bis Ende der Zweitausender betreibt man rund sechshundertfünfzig Vialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, mit einer steigenden Tendenz.
00:04:11: Damit gibt es zum dameligen Zeitpunkt mehr Matratzenkonkord als Burgerking-Fialen im Dachraum.
00:04:17: Diese schiere Dichte der Standorte ist eine bewusste Strategie, die man als Machtdemonstration verstehen kann, um die Konkurrenz räumlich zu verdrängen.
00:04:25: Denn die hohe Fialdichte ersetzt die Notwendigkeit, Kunden aktiv zu suchen, da sich ständig an der Marke vorbeifahren, und die physische Sichtbarkeit die Funktion einer permanenten Werbetafel übernimmt.
00:04:38: Und Standortwall ist ein gutes Stichwort, denn diese ist von strategischer Bedeutung.
00:04:43: Wie Matratzenkonkord später einmal selbst bestätigt, sind Ecklagen an hofgequentierten Ampelkreuzungen oder Auswahlstraßen präferiert.
00:04:51: Der Grund dafür ist überraschend logisch.
00:04:54: Eine Ecklage bietet die Möglichkeit, eine maximale Anzahl von Schaufenster zu nutzen, um die Rabattangebote weiterhin sichtbar zu präsentieren.
00:05:03: Hinzu kommt, dass die Läden allesamt stark vereinheitlich sind.
00:05:07: Dunkelblauer Nadelfilzboden, Musterbetten und eine helle Neonbeleuchtung.
00:05:13: Doch schon bald ginge dieses Geschäftsmodell unter Druck.
00:05:26: Matratzen Concorde, das für seine vielen Läden und undurchsichtigen Rabatte bekannt ist, hat ab Mitte der Jahrzehnte mit zunehmenden Umsatzeinbußen zu kämpfen.
00:05:36: Denn während man, mit seinen rund zweitausend Mitarbeitern, knapp zweihundertsechzig Millionen Euro in der Dachregion erwirtschaftet, sind es zweihundertsechzehn nur noch um die zweihundertdreißig Millionen Euro.
00:05:49: Der Grund dafür liegt in einem zunehmend wachsenden Online-Geschäft und der damit verbundenen Konkurrenz durch Firmen wie Bad I, Emma oder Casper.
00:05:59: Diese Online-Händler sind auf Preis günstiger und greifen damit das Geschäftsmodell von Matratzen-Konkord an.
00:06:06: Lasst uns mit diesem Blickwinkel an dieser Stelle noch einmal genauer auf dieses Geschäftsmodell eingehen.
00:06:12: Konkret ist der Matratzenmarkt jahrzehntelang durch extreme Intransparenz gekennzeichnet.
00:06:17: Für den Durchschnittskunden sind die unzähligen Modelle wie Federkern, Kaltschaum, Hydrofoam, sieben oder neun Zonen ein völliges Mysterium.
00:06:27: Die Industrie nutzt eben diese Komplexität, indem sie argumentiert, dass jeder Mensch eine individuelle auf ihn abgestimmte Matratze benötigt, was die hohen Preise rechtfertigt.
00:06:38: Diese Intransparenz ist jahrelang der Schlüsse zum Erfolg des Geschäftsmodells.
00:06:42: Doch Adam Spüth, der Gründer des Online-Händlers beteins.de, enthüllt zwei Tausendvier, die dahinterstehende Kalkulationsgerlität.
00:06:50: Denn als er zu diesem Zeitpunkt für eine Matratze ein Tausend achthundert Euro zahlen soll, gibt er sich als Großhändler für Matratzen aus und fragt direkt beim Hersteller, was fünfhundert dieser Matratzen im Einkauf kosten sollen.
00:07:04: Aufgepasst?
00:07:08: Kurzum, der Verkaufspreis liegt in etwa beim sechsfachen des Einkaufspreises.
00:07:14: Branchen intern herrscht lange die sogenannte Dreihundertprozent-Gegel.
00:07:18: Was bedeutet, dass der übliche Aufschlag für den Handel zwischen Dreihundert und Fünfhundertprozent liegt?
00:07:25: Wobei man das auch etwas genauer einordnen muss.
00:07:27: Denn ein ehemaliger Fialleiter bestätigt, dass diese Aufschläge nicht im Reingewinnen sprechen, da hohe Fixkosten wie Miete Personal, Logistik und Zentraleinheiten berücksichtigt werden müssen.
00:07:40: Dennoch liegen die Margen exorbitant hoch.
00:07:43: Die bewusste Aufrechterhaltung der Komplexität durch verwirrende Fachbegriffe und unzählige Matkratzenarten ist also jahrzehntelang Teil des Verkaufskonzepts, das hohe Preise rechtfertigte und den Preiswettbewerb verhindert.
00:07:57: Schließlich kann der Kunde durch die Inkanzparenz keine fundierte Kaufentscheidung treffen.
00:08:01: Warum sollten Händler daran etwas ändern?
00:08:05: Und eben dieses Geschäftsmodell war jahrelang geschützt, bis die Hohenmargen-Zwisier des Bundeskartellamtes geraten.
00:08:15: Dabei wird bekannt, dass es sich um ein vertikales Kartell handelt.
00:08:19: Konkret bedeutet das, dass der wahren Hersteller einem Einzelhändler vorschreibt, welche Preise dieser von den Endverbrauchern fordern soll.
00:08:27: Dieses Diktat wird von Firmen wie Rektizell Schlafkomfort mit drastischen Mitteln durchgesetzt.
00:08:33: So drohen die Hersteller mit Lieferengpässen oder gar Lieferstops, wenn Händler versuchten, die Preise zu unterbieten.
00:08:40: Ein besonderes Augenmerk liegt hier nun auf dem ab zwei-tausendzehn aufkommenen Onlinehandel, dessen Preistransparenz das System in Zwangen bringen sollte.
00:08:50: Denn das Bundeskartellamt interveniert nach dem Bekanntwerden mit Razzien und verhängt in den Jahren zwei-tausendvierzehn und zweitausendfünfzehn hohe Bußgelder wegen der illegalen Preisabsprache.
00:09:01: Beispielsweise musste Gigtizell acht Komma zwei Millionen Euro zahlen und Metzeler Schaum drei Komma vier Millionen Euro.
00:09:08: Und obwohl Matratzenkonkord nicht verurteilt wird, profitierte die Kette massiv von dieser erzwungenen Preisstabilität, die es ihr ermöglichte, die hohen Aufschläge durchzusetzen.
00:09:19: Um dann trotzdem mit Gabbaten wie fünfzig Prozent dediziert werben zu können, musste die Matratze nur kurzzeitig und nur in einer Fiale zum hohen Originalpreis oder noch teurer angeboten werden.
00:09:31: Dies ermöglichte es der Kette, die Gabattschilde auch in allen anderen Läden zu platzieren.
00:09:36: Händler Insider bestätigten zudem die Strategie, dass Matratzenkonkord doppelt so viele Matratzenmodelle ins Sortiment nimmt wie notwendig.
00:09:44: Dadurch kann man wöchentlich das jeweils andere Modell in die Aktion nehmen, was den direkten Preisvergleich für den Kunden unmöglich macht und die Illusion des Schnäppchens aufgehechthält.
00:09:55: Und da Matratzen seltene Anschaffungen sind, ist der Rabatt eine psychologische Waffe, um den Impulskauf zu fördern.
00:10:01: Matkatzenkonkord verkauft durch seine Präsenz und die Gabattschilder also primär Dringlichkeit und Ersparnis.
00:10:07: Doch mit dem Aufkommen der Online-Shops ist eben dieses Geschäftsmodell obsolet.
00:10:22: Nachdem Adam spüht, auf die Tricks der Branche aufmerksam wird, gründet er bett.e als direkten Gegenpult zur etablierten Industrie.
00:10:31: Spüht entwickelt dafür die Bodyguard als eine Einheitsmatkatze für die von Stiftung Warentest, die Note.
00:10:43: Das ist die beste, je vergebene Bewertung für eine Matratze bis dahin.
00:10:48: Das wiederum zerstört die zentrale Argumentation der Branche, dass Individualität ein extrem hohen Preis rechtfertigt.
00:10:55: Spüht, der seine Matratze provokant, Antikathelmatratze nennt, geriet zwar in unzählige juristische Auseinandersetzungen, doch unternehmerisch gibt ihm der Erfolg recht.
00:11:06: Denn Bet-Eins erzielt bereits im Jahr two-tausend-sebzehn einen Umsatz von onehundundzwanzig Millionen Euro.
00:11:13: Weitere Start-ups werden daraufhin zu nachahmern und für den Matratzen-Konkord wird die Konkurrenz damit immer größer.
00:11:21: Und hier wird nun die starke physische Präsenz, die jahrelang das Markenzeichen von Matratzen-Konkord war, zum Problem.
00:11:27: Denn durch die zwei-tausend-achzehn knapp ein-tausend Fialen in der Dachregion hat man immense Fixkosten.
00:11:35: Diese hohen operativen Kosten werden zur toxischen Last, die die Margen schmelzen lassen.
00:11:41: Und Verkäufe, die oft auf Provisionsbasis arbeiten, leiden unter den leeren Läden, in denen sich die Matratzen bis unter die Decke stapeln, weil sie niemand kaufen möchte.
00:11:51: Die Muttergesellschaft BetaBat reagiert in der Folge mit harten Einschnitten und Ende of the year, die Schließung von einhundertsechsenzig Fialen angekündigt.
00:12:02: Aber die Gestrukturierungsbemühungen reichen nicht aus.
00:12:05: Denn die anhaltend schlechten Geschäfte zwingen die Better-Bad-Holing sich von Matratzen-Konkord zu trennen.
00:12:12: Im Oktober-Zw.A.
00:12:13: wird Matratzen-Konkord in der Folge für den symbolischen Kaufpreis von nur fünf Millionen Euro in Bar an Magical Honor Limited verkauft.
00:12:22: Dieser niedrige Preis für eine ehemals marktbeherrschende Kette mit hunderten Standorten macht deutlich, dass die Kosten für die notwendige Restrukturierung und die toxische Last der alten hochpreisigen Mietverträge den Marktwert des Unternehmens fast vollständig aufgezehrt haben.
00:12:39: Magical Honor Limited, ein asiatisches Private Equity-Unternehmen mit starken Verbindungen zum chinesischen Matratzenherstellungssektor, verpflichtet sich zusätzlich fünfzehn Millionen Euro in die Transformation von Matratzenkonkord zu investieren.
00:12:53: Mit mehr oder weniger großem Erfolg.
00:12:57: So besteht das Fialnetz heute aus nur noch fünfundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund womit Sicherheit auch noch einige der eineinthausend Fünfhundert Angestellten arbeiten.
00:13:29: Und Online-Händler wie BetEins oder Emma gehören mittlerweile zu etablierten Größen im Markt.
00:13:34: Doch auch sie mussten mit Umsatzeinbußen in den vergangenen Jahren kämpfen.
00:13:39: Vermutlich haben sich einige Kunden mit dem Aufkommen der Online-Händler erst einmal mit einer neuen Matratze eingedeckt und wie zu Beginn festgestellt, sind Matratzen kein Gut, das man regelmäßig austauscht.
00:13:51: Für mich steht nun zumindest fest, dass ich beim nächsten Matkatzenkauf genau hinschaue, welche Kosten anfallen, um nicht wie vermeintlich viele Generationen vor mir übers Ohr gehauen zu werden.
00:14:01: In dem Sinne bleibt aufmerksam und bis zum nächsten Mal.
00:14:05: Matkatzenkonkord Dauerschlussverkauf, drehundert Prozent Marge und ein Kartell war Folge seventy zwei von Unternehmen dieser Welt.
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